Steuerstraf- und Bußgeldverfahren

Bei Verdacht einer Steuerstraftat (§ 369 AO) ermittelt die zuständige Finanzbehörde, wobei Finanzbehörde das Finanzamt, das Bundeszentralamt für Steuern und die Familienkasse sein kann (vgl. § 386 Abs. 1 AO). Sachlich zuständig ist die Finanzbehörde, die die betroffene Steuer verwaltet (§ 387 AO), und örtlich zuständig diejenige, in deren Bezirk die Steuerstraftat begangen oder entdeckt worden ist, die zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens für die Abgabenangelegenheit zuständig ist oder in deren Bezirk der Beschuldigte zur Zeit der Einleitung des Strafverfahrens seinen Wohnsitz hat (§ 388 AO).

§ 387 Abs. 2 AO gestattet die Konzentration der sachlichen Zuständigkeit für den Bereich mehrerer Finanzämter. Die meisten Länder haben hiervon Gebrauch gemacht und Bußgeld- und Strafsachenstellen geschaffen. In einzelnen Ländern gibt es selbständige Finanzämter für Fahndung und Strafsachen.

Die für die Strafverfolgung sachlich zuständige Finanzbehörde ist auch für das Bußgeldverfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten zuständige Verwaltungsbehörde i. S. d. § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG (vgl. § 409 AO). Danach ist sachlich zuständig die Finanzbehörde, die die betreffende Steuer verwaltet.

Die Steuerfahndung, die für die Ahndung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten zuständig ist, besitzt eine Doppelaufgabe: Eine steuerstrafrechtliche (§§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 404 AO) und eine steuerrechtliche (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 und 3 AO). Danach ist zu unterscheiden zwischen

  1. der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO),
  2. der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Zusammenhang mit der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO) und
  3. der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle (§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3).

Für den Bereich der Strafverfolgung (Nr. 1) kann man die Steuerfahndung als Steuerkriminalpolizei bezeichnen. Die Beamten sind insoweit Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Nr. 2 begründet für die Steuerfahndung die Befugnis, über die strafrechtliche Relevanz hinaus die steuerlich erheblichen Umstände zu ermitteln. Dabei besitzt die Steuerfahndung die Ermittlungsbefugnisse des Besteuerungsverfahrens. Nach Nr. 3 ist die Steuerfahndung zuständig zur Aufklärung unbekannter Steuerfälle, d.h. wenn unter Berücksichtigung der allgemeinen Erfahrungen der Finanzbehörden die Vermutung besteht, dass ein Steuertatbestand verwirklicht worden ist. Die Steuerfahndung hat hier die Ermittlungsbefugnisse des Besteuerungsverfahrens.

Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren liegt grundsätzlich in der Hand der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens (§§ 160, 161 StPO). In bestimmten Fällen tritt die Finanzbehörde (mit der landesspezifischen Bezeichnung Strabu oder BuStra: Straf- und Bußgeldsachenstelle) an die Stelle der Staatsanwaltschaft, wenn die Tat

  • ausschließlich eine Steuerstraftat (§ 386 Abs. 2 Nr. 1 AO),
  • ein Kirchensteuer- oder sonstiges Abgabenvergehen, das an Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpft (§ 386 Abs. 2 Nr. 2 AO) oder
  • eine der Steuerstraftat gleichgestellte Tat ist.

Die Staatsanwaltschaft bleibt auch für die Taten, deren Verfolgung in den Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde fällt, Herrin des Verfahrens. Denn sie kann die Strafsache jederzeit an sich ziehen (§ 386 Abs. 4 S. 2 AO). Die Finanzbehörde kann die Sache auch von sich aus jederzeit an die Staatsanwaltschaft abgeben (§ 386 Abs. 4 S. 1 AO).

In ihrer Funktion als Strafverfolgungsbehörde können die Finanzbehörden als Steuerstaatsanwaltschaften bezeichnet werden. Leitet die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen selbst, so übernimmt die Finanzbehörde die Funktion einer Polizeibehörde (§§ 402 Abs. 1, 399 Abs. 2 S. 2 AO).

Quelle: Bundesministerium der Finanzen